Mein Lieblingsort in
Mississippi? Eine schwierige Frage, die mir das Visit USA Commitee da stellt, gibt es doch so viel Musik, grandioses Essen, fantastische Naturschauspiele, Geschichte und noch so viel mehr in dem Staat, den ich seit 17 Jahren in Deutschland vertrete. Am liebsten bin ich "on the road" - auf dem Highway 61. Auf meiner Traumstraße. Dem Blues Highway.
Nichts gegen die Route 66. Ein ebenso großer Mythos aber ist der Highway 61, der hoch im Norden an den großen Seen beginnt und dem
Mississippi nahe dem Flussufer mehr als 2500 Kilometer von Minnesota bis nach Louisiana folgt, in großen Teilen auch als
Great River Road. Im Staat Mississippi blieb der Hwy. 61 auf weiten Strecken als die zweispurige Landstraße erhalten, die Bob Dylan 1965 auf dem legendären Album "Highway 61 Revisited" im gleichnamigen Welthit besang: "And I have it on Highway 61."
Den "Blues Highway" säumen Baumwollfelder im tischflachen Mississippi Delta im Norden des Staates. Wie oft bin ich schon auf dieser Route unterwegs gewesen, und immer wieder gibt es Neues zu entdecken. Da finden sich Skurrilitäten wie der Kirchturm von Port Gibson, den kein Hahn und auch kein Kreuz schmückt, sondern der mahnende "Finger Gottes". Und natürlich einige Städte und Stopps, die es lohnen, die Tour auf mehrere Tage oder gleich Wochen auszuweiten. Die beste Art, von Memphis nach New Orleans zu cruisen.
Von
Memphis südwärts fahrend unbedingt anhalten am Gateway to the Blues Museum in
Tunica! Eine spannende Ausstellung in einem alten Güterbahnhof über die Bluesgiganten aus dem Delta. Weiter nach
Clarksdale, wo es dank der vielen Clubs jeden Abend Bluesmusik gibt - und das Delta Blues Museum. Im Ground Zero Blues Club trifft man mit etwas Glück den Miteigentümer Morgan Freeman. Weiter dann nach
Cleveland, die Heimat des einzigen GRAMMY-Museums außerhalb von Los Angeles und des "Birthplace of the Blues", Dockery Farms. Dann ins Muppet Museum zu Ms. Piggy und Kermit dem Frosch in Hensons Geburtsstadt
Leland bei Greenville. Und, natürlich, ins
Highway 61 Blues Museum, ebenfalls in Leland. Kurzer Abstecher in die Hafenstadt, um auf den Deich oder den kleinen Aussichtsturm zu klettern und mit dem Blick auf den weiten Ol' Man River belohnt zu werden. In die andere Richtung ein kleiner Schlenker zum B. B. King Museum in
Indianola, in dem es um den Bluestitan geht, der nahebei geboren wurde und am Museum begraben liegt, aber auch um die Kultur des Delta.
In
Vicksburg erreicht man dann das südliche Ende des Delta. Die bildhübsche Stadt am Zufluss des Yazoo River zum Mississippi hat Geschichte geschrieben durch den große Schlacht von 1863, die zusammen mit Gettysburg die Wende im Bürgerkrieg brachte. Das riesige Schlachtfeld ist ein National Battlefield und zu groß, um zu Fuß erkundet zu werden. Unter dem Finger Gottes auf dem Kirchturm von Port Gibson hinweg weiter nach
Natchez, der Stadt mit den meisten Antebellum-Häusern aus der Zeit vor dem großen Krieg. Die Pracht der Baumwollbarone ist hier erhalten geblieben. Gezeigt wird aber auch das Leben und Leid der damals versklavten Afroamerikaner, die all diesen Reichtum erarbeitet haben.
Von dort dann vielleicht auf der Reisestraße
Natchez Trace Parkway in Richtung Nordosten in die Hauptstadt
Jackson mit ihrem Vorort Ridgeland und weiter in Elvis Presleys Geburtsstadt
Tupelo. Aber das ist eine andere, wenn auch ebenso spannende Geschichte. Oder man fährt weiter südwärts nach New Orleans, wo die Route 61 an der Einmündung der Route 90 endet. Auch das eine Traumstraße, an den Stränden von Mississippi entlang, und auch das nochmal eine andere fast unglaubliche Story.
Wolfgang Streitbörger