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Erschwinglicher Urlaub in Mississippi

Der Urgrund des Blues, Whiskey auf dem Gottesacker und Geschichte an der Wand

Letzte Änderung 14.11.2024

Wer von Memphis nach New Orleans einfach nur durchfährt, vergeudet einen Reisetag, denn in Mississippi gibt es jede Menge zu sehen. Neben dem Strand der Golfküste, unvergesslichen Ausblicken auf weiß blühende Baumwellfelder und Spaziergängen durch hübsche Kleinstädte kostet noch einiges mehr davon keinen einzigen Cent.

Unterwegs auf altem Pfad

Der längste Nationalpark der USA: 444 Meilen lang schlängelt sich der Natchez Trace Parkway von Nashville, Tennessee, bis Natchez, Mississippi. Die zweispurige Reisestraße ohne Kreuzungen, mit geschütztem Land zur Rechten und zur Linken, folgt einer uralten Route, auf der zuerst Büffel und dann amerikanische Ureinwohner unterwegs waren. Später gingen ihn die Pioniere und Soldaten des Kriegs von 1812-1814. Hier ist man mit dem Auto gemächlich unterwegs, oder mit dem Fahrrad – mit Verleihstationen zum Beispiel in Tupelo und Ridgeland bei Jackson. An Ausfahrtbuchten findet man Häuser aus der Zeit der Trapper oder wandert sogar auf Original-Teilstücken des ausgetretenen alten Natchez Trace. Anders als in den meisten anderen Nationalparks der USA ist der Eintritt frei. 

Am Geburtsort des Blues?

Hier soll alles begonnen haben: Etwas außerhalb von Cleveland stehen die alten hölzernen Gebäude der Dockery Plantation, einer der großen Baumwollplantage im Delta. Vor hundert Jahren hatten die schwarzen Landarbeiter dort vergleichsweise gute Lebensbedingungen, was ihnen abends Zeit für den Blues ließ. So bekamen Blueslegenden wie Charley Patton, Howlin‘ Wolf und Henry Sloan ihren Start. Man geht einfach auf das Gelände, auch in die Scheunen und hört auf Knopfdruck Erklärungen und Blues aus Lautsprechern. Unübersehbar auch das blaue Schild „Birthplace of the Blues?“. Es erzählt von dieser Geschichte und gehört zum Mississippi Blues Trail, der zu mehr als 220 Stätten des Blues mit ihren „Markern“ führt, fast alle davon kostenlos zugänglich.

Dachloses Herrenhaus im Grünen 

Dieses Herrenhaus hat keine Kasse, ist aber dafür auch Open-Air. Bei den Windsor Ruins nahe dem Mississippi River bei Port Gibson im Wald handelt es sich um die 23 korinthischen Säulen, die von einem der einst prächtigsten Anwesen im Staat übriggeblieben sind. Hier haben nicht etwa Bürgerkriegssoldaten gewütet, sondern ein Gast hat anno 1890 die glühende Asche einer Zigarre oder Zigarette fallen gelassen.

Ganz viel Bürgerkriegsgeschichte

Im Amerikanischen Bürgerkrieg 1861-1865 hatte Mississippi viele Scharmützeln und auch Schlachten erlitten. Im Juli 1864 marschierten in Tupelo Unionssoldaten ein, unter ihnen auch aus der Sklaverei befreite Afroamerikaner, und lieferten sich heftige Gefechte mit Truppen der konföderierten Südstaaten. Das Tupelo National Battlefield verlangt kein Eintrittsgeld, um Schauplätze der Kämpfe zu sehen. Und der Friendship Cemetery in Columbus auch nicht. Hier ruhen Soldaten beider Seiten, und schon im Jahr nach dem Kriegsende schmückten die Bürger die Gräber gleichermaßen. Das war der Anfang des amerikanischen Nationalfeiertags Memorial Day jedes Jahr am letzten Montag des Mai.

Wo Tote großen Durst haben

Auf zwei Friedhöfen in Mississippi findet man immer wieder Whiskeyflaschen vor Grabsteinen. Der eine gehört zu einer der drei angeblichen Ruhestätten der Blueslegende Robert Johnson bei Greenwood. Fast ein Jahrhundert nach seinem Tod legen Fans dort weiterhin Münzen und Glaskettchen nieder. In Oxford auf dem St. Peter’s Cemetery stehen an manchen Morgen gefüllte Flaschen auf der Grabstätte Williams Faulkners. Am Nachmittag sind sie dann wieder weg. Es wird gemunkelt, dass dieselben Tugendwächterinnen durchgreifen, die dem Weltschriftsteller schon zu dessen Lebzeiten nicht gönnten, dass der Whiskey ihn die richtigen Worte finden ließ. Aber nachts kommen dann die Freunde der Literatur zurück. Tagsüber findet man sie bei Square Books, einem der schönsten alten Buchläden der Südstaaten am Stadtplatz, natürlich in der großen William-Faulkner-Ecke. Mal schauen kostet ja nichts. Und Rowan Oaks, die Villa des großen Novellisten, ist außen kostenfrei zugänglich, wenn man unbedingt die fünf Dollar für das spannende Innere sparen will.

Geschichten an der Wand

Die wunderschöne Stadt Vicksburg am Zufluss des Yazoo in den Mississippi hat viel Geschichte und zeigt sie auch gern. Eine lange Reihe von Wandgemälden an der Flutmauer erzählt vom Bürgerkrieg, in dem die Stadt eine schreckliche Belagerung durchlitt, und auch von den Anfängen als sehr schlichte Siedlung. Man sieht, wie Schaufelraddampfer aus Zügen aus mit Baumwolle beladen werden, die auf Rampen übers Wasser bis an sie heranfuhren. Schöne Murals gibt es auch in Leland zu sehen, und zwar von den ganz Großen aus der Geschichte des Blues.

Greenwood, seine Geschichte und du

Wer gerne auf eigene Faust erkundet, wird in Greenwood perfekt dafür ausgestattet. Die Historic Downtown Greenwood Walking Tour unternimmt man selbstgeführt zu Fuß mit einem informativen Flyer, der digital zum Download oder vor Ort im Visitor Center erhältlich ist. Zu zahlreichen Stopps steuert der Infoflyer allerhand Wissenswertes bei. Informativ, kostenlos und unkompliziert. Neu in Greenwood ist die Statue für Emmett Till, der 1955 im Alter von 14 Jahren ermordet wurde, weil er einer weißen Frau in einem Laden nachgepfiffen haben soll. Das landesweite Entsetzen darüber war einer der Auslöser für die Bürgerrechtsbewegung. Der Bryant Store im Ort Money bei Greenwood, wo das Unheil seinen Lauf nahm, ist eine Ruine von nationaler Bedeutung.

Museumsbesuche als Punktlandung

Wer seine Zeit gut plant, hat in Mississippi freien Eintritt in Museum an bestimmten Wochentagen – oder auch immer. Sonntags geht das im Mississippi Civil Rights Museum und Museum of Mississippi History in Jackson, die einen gemeinsamen Eingang haben. Ebenfalls in der Haupstadt, ist das Old Capitol Museum immer kostenlos, wie auch geführten Touren durch die Governor’s Mansion, die man aber reservieren muss. Nicht weit entfernt bietet das Eudora Welty House, in der die große Schriftstellerin aus Mississippi gelebt hat, immer am 13. des Monats kostenfreie Führungen an, sofern das Datum auf einen Öffnungstag fällt. Auch das muss man reservieren. Und der Eudora Welty Garden sowie die neue Ausstellung über den 1963 ermordeten Bürgerrechtler Medgar Evers im Visitor Center des Hauses sind regulär frei zugänglich. Ungewöhnliche Themen ohne Zuzahlung bieten auch das African American Military History Museum und das Mississippi Armed Forces Museum, beide in Hattiesburg.

Festivals und Konzerte im ganzen Staat

Vom Double Decker Arts Festival in der Universitätsstadt Oxford im April über das international beliebte Elvis Festival in Tupelo im Juni bis hinunter an die Küste, wo in Biloxi im Oktober wunderschöne Oldtimer bei Cruisin the Coast auffahren – Mississippi hat jede Menge kostenlose Musik- und Kulturevents im Angebot. Auch beim Free Flowin‘ on the Riverfront Music Festival in Pascagoula an der Golfküste ist der Eintritt frei. Und im ganzen Staat sind den Sommer unzählige Freiluft-Bluesfestivals und -konzerte umsonst und draußen zu finden.